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Schuld und Strafe - Bausteine für Unterrichtsreihen

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Version vom 16. Februar 2018, 18:09 Uhr von Sofia Abbasi (Diskussion | Beiträge) (Kontrollierte Problemlösung)
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Bausteine für ein Unterrichtskonzept

BANNER - Exemplarische Unterrichtsreihen bearbeitet-1.png


Hinführung



Materialmappe zum Theaterstück "Terror" von Ferdinand von Schirach (Deutsches Theater)
Die Lehrkraft präsentiert den SuS Zitate ohne jegliche Einleitung, um ihnen einen stummen Impuls in die Thematik, am Anfang der Stunde, zu geben. Nachdem die SuS sich mit den Zitaten beschäftigt haben, zieht die Lehrkraft eine (imaginäre) Linie durch das Klassenzimmer. Die beiden Enden der Linie stehen für zwei Pole, die je nach Frage und Zitat die Gegensatzpaare richtig/falsch oder ja/nein bilden. Die SuS sollen dann in Bezug auf die Zitate Stellung nehmen und sich an der für sie richtigen Stelle im Raum positionieren. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die SuS sich entlang der Linie überall hinstellen können. Der Meinungsbarometer ermöglicht eine Bestandsaufnahme der Meinungsvielfalt in der Klasse, ohne dass sich jeder zu Wort melden muss.
Diese Hinführung dient dazu das Thema von "Schuld und Strafe" einzuleiten ohne es ausdrücklich zu sagen. Die SuS sollen das Thema nach dem Meinungsbarometer in Form von induktivem Lernen selbstständig herausfinden. (Zeitbedarf: 6 Min.)
„Ist es richtig, das Prinzip der Menschenwürde über die Rettung von Menschenleben zu stellen?“
„Dürfen wir Unschuldige töten, um andere Unschuldige zu retten?“
„Der Staat kann niemals ein Leben gegen ein anderes Leben aufwiegen. Auch nicht gegen hundert, nicht gegen tausend Leben. Jeder einzelne Mensch besitzt diese Würde.“
„Lassen sich Leben gegeneinander rechnen, wenn für den Tod eines Menschen 400 andere gerettet werden können?“


  • 2. Möglichkeit - Eine Karikatur zur Schuldfrage im Nationalsozialismus
Den Koffer können Sie wieder auspacken, Bormann, aus unserer Heimreise wird nichts (LeMo/Horst Haitzinger)
Die Karikatur aus dem Jahr 1965 zeigt Adolf Hitler, der durch seinen Bart und an einer Armbinde mit dem Hakenkreuz charakterisiert wird, auf einer Liege liegend mit einem großen Sombrero. In seinen Händen hält er eine Zeitung mit dem Titel "Keine Verjährung für die NS-Vebrechen". Die Karikatur spielt auf die Prozesse gegen NS-Verbrecher an, die in den 60er Jahren wieder aufgenommen worden sind. Hierbei bezieht man sich vor allem auf den Eichmann-Prozess (1961) und die Ulmer Prozesse in Deutschland (1958).
Bei diesem Vorschlag soll die oben verlinkte Karikatur am Anfang der Stunde präsentiert werden, um nach dem Eindruck, der Interpretation und der Meinung der SuS zu fragen. Die Karikatur soll ein stummer Impuls sein und dazu dienen, die SuS zur Thematik von Schuld und Strafe zu führen. (Zeitbedarf: 10 Min.)


  • 3. Möglichkeit - Kleine Sequenzen aus dem Film „Terror“
Terror: Abstimmung, Urteil und Diskussion! (ARD)
Der Film „Terror“, der im Oktober 2017 im ARD ausgestrahlt wurde, handelt von einem Gedankenexperiment einer Gerichtsverhandlung eines Angeklagten, der als Bundeswehrsoldat ein Flugzeug mit 164 Insassen abschoss. Dieses drohte in der Gewalt von Terroristen über einem Fußballstadion mit 70.000 Besuchern abzustürzen. Der Zuschauer hat bei diesem TV-Ereignis die Aufgabe durch soziale Medien, moralische gegen rechtliche Argumente abzuwägen und das Urteil zu fällen.
In diesem Konzept geht es darum den Unterricht damit zu beginnen entweder Szenen des Filmes oder den ganzen Film den SuS zu zeigen, um auf die Schuld- und Strafthematik zu kommen.(Zeitbedarf: 10 Min. bis 1 h 10 Min.)


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Problemstellung



  • 1. Möglichkeit - Ist Recht und Gerechtigkeit dasselbe?
Ziel dieser Problemstellung ist es die, Diskrepanz zwischen Recht und Gerechtigkeit zu erkennen. Nach dem die Lehrkraft mit passenden Zitaten, Fallbeispielen oder Zeitungsartikeln auf die unterschiedlichen Ansichten über Recht und Gerechtigkeit eingeleitet hat, sollen die SuS mit gezielten Fragen im Plenum das Missverhältnis zwischen diesen beiden Moralinstanzen feststellen?
Ein mögliches Fallbeispiel könnte sein.
Frau K. und Herr S. arbeiten zusammen bei der Bank. Beide haben die gleiche Art von Bildung genossen und arbeiten gleich viel.
Am Ende des Monats bekommt Herr S. jedoch 350 Euro mehr als Frau K.
Eine Reihe ähnlicher Fallbeispiele könnten mit diesen möglichen Fragen zu einer Aktivierung der SuS leiten:
Würdet ihr euch im Hinblick auf die Fallbeispiele auch so entscheiden?
Findet ihr, dass die Person sich richtig entschieden hat auch wenn es gegen das Gesetz verstößt?
Ist das Recht gerecht?
Was macht man, wenn das Recht nicht mehr gerecht ist?
Was soll man machen, wenn Recht und Gerechtigkeit nicht mehr dasselbe ist? (Zeitbedarf: 10 Min.)


  • 2. Möglichkeit - Die Frage zwischen Determinismus und Freiheit?
Schuld ist in der philosophischen Auseinandersetzung mit der Frage nach Determinismus verbunden. Die SuS sollen in dieser Problemstellung zu diesem Zusammenhang hingeleitet werden. Die zentrale Frage hierbei ist, ob man schuldig sein kann, wenn die Handlung determiniert ist. Um das Spannungsfeld zu evozieren, sollte diese zentrale Fragestellung im Plenum diskutiert werden. Zum Ende der Diskussion sollte die Lehrkraft den SuS bewusst machen, dass dieser Diskurs traditionell in der Philosophie geführt wird. Hierdurch kann die Lehrkraft zu den Straftheorien überleiten. (Zeitbedarf: 10 Min.)


  • 3. Möglichkeit - Zitate aus dem Film „Terror“
Der Film Terror behandelt die Frage nach der Priorität zwischen rechtlichen oder moralischen Grundsätzen. Mit Zitaten aus dem Film, die aus der Materialsammlung entnommen werden können, sollen die SuS auf einen möglichen Unterschied zwischen Moral und Recht herangeführt werden. Die Zitate sollten den SuS entweder visuell oder auditiv, je nach räumlicher Ausstattung der Klassenzimmer, präsentiert werden. Im nächsten Schritt sollen die SuS erste Eindrücke, Fragen und Probleme im Plenum ansprechen, die ihnen zu den Zitaten einfallen.
Ein beispielhaftes Zitat ist nachfolgend angeführt:
„Ich weiß, dass ich ihren Mann umgebracht habe. Aber es war kein Mord. Als Soldat musste ich so handeln. Persönlich tut es mir leid und ich werde diese Schuld ein Leben lang mit mir herumtragen.“
Major Lars Koch, Protagonist des Films, Angeklagter im Gerichtsverfahren (Zeitbedarf: 10 Min.)


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Selbstgesteuerte Problemlösung



  • 1. Möglichkeit - Dilemmasituation
Den SuS wird das Gefangenendilemma ausgeteilt.Sie sollen durch die Think-Pair-Share-Methode herausarbeiten, dass es eine Inkongruenz zwischen Recht und Gerechtigkeit geben kann.
1. Phase (Think): Die SuS sollen überlegen, inwiefern das Dilemma mit Schuld und Strafe zu tun hat.
2. Phase (Pair): SuS tauschen sich mit ihrem/r Sitzpartner/in über das Dilemma aus. Durch diesen Austausch werden die SuS für die spätere Diskussionsrunde aktiviert.
3. Phase (Share): SuS teilen ihre Gedanken zu der Frage nach Schuld im Zusammenhang mit dem Dilemma im Plenum. (Zeitbedarf: 15-20 Min.)


  • 2. Möglichkeit - Straftheorien - Gruppenpuzzle (LehrerInnefortbildung Baden-Württemberg)
Die SuS werden idealerweise in vier Gruppen eingeteilt und bekommen Textausschnitte zur Rechtsethik und sollen die Hauptargumente der Philosophen dann herausfiltern. Wichtig ist, dass zwei Gruppen jeweils einen Text zu einem Autor bekommen (beispielsweise: Radbruch) und, dass die anderen zwei Gruppen jeweils einen Text zu einem anderen Autoren bekommen (beispielsweise: Kelsen). Jede Gruppe soll zunächst selbständig arbeiten. Im zweiten Schritt sollen die zwei Gruppen, die den Text eines Autors bearbeitet haben, sich austauschen, sodass nach diesem Austausch beide Gruppen im Bilde über den anderen Text vom selben Autor sind. Hierfür können 2-3 Schüler jeder Gruppe mit dem Rest der anderen Gruppe zusammengehen, um sich wechselsseitig umfassend zu informieren. Durch die Methode wird insbesondere der Kompetenzbereich „Argumentieren und Urteilen“ gefördert. (Zeitbedarf: 30-45 Min.)


  • 3. Möglichkeit - Rollenspiel/Sketch zum Film „Terror“
Die Schülerinnen und Schüler sollen die Szene des Urteils in verschiedenen Kleingruppen und Rollen nachspielen. Hierbei sollen sich die SuS zunächst auf ein Urteil einigen. Im nächsten Schritt sollen die SuS die Argumentation, die zu diesem Urteil geführt hat, schriftlich festhalten.
Folgende Rollen sollten besetzt werden: Richter, Staatsanwalt, Strafverteidiger und Angeklagter. Je nach Gruppengröße können noch Rollen wie z.B. Nebenkläger, Zeugen und Angehörige hinzugefügt werden. Die selbstgesteuerte Problemlösung endet mit der Aufführung der Sketche. Die Lehrkraft entscheidet nach eigenem Ermessen, wie viele Gruppen aufführen.
Diese Arbeitsform fördert die Empathiefähigkeit, den diskussionsfreudigen Prozess der Konsensfindung und trainiert das durchdachte Argumentieren. (Zeitbedarf: 60-90 Min.)

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Kontrollierte Problemlösung



  • 1. Möglichkeit - Plenumsdiskussion
Die Ergebnisse aus der Share-Phase stehen zur Diskussion. Die SuS sollen erkennen, dass die Frage nach gerechtem Handeln nicht nur auf persönlicher Ebene gestellt werden kann, sondern auch Rechte manchmal nicht zwingend gerecht sein müssen. Diese Methode wird genutzt, damit die SuS ihre Fähigkeiten ethische Probleme wahrzunehmen und zu lösen fördern. Am Ende des Meinungsaustauschs werden sie sich ihrer eigenen Werthaltung bewusst. (Zeitbedarf: 25 Min.)


In dieser Phase nutzen die SuS das Wissen, das sie sich in den einzelnen Gruppen erarbeitet haben und teilen dieses mit dem Plenum. Hier soll ein Vergleich der Texte der beiden Autoren (beispielsweise:Radbruch und Kelsen) stattfinden, sodass sich die Gruppen in einem offenen Gespräch über die Positionierung der Philosophen austauschen. Das Ziel ist,dass anschließend alle SuS über alle vier Texte informiert sind. Man könnte im Anschluss noch die Positionen der SuS zu den Philosophen im Plenum besprechen.(Zeitbedarf: 20-25 Min.)


  • 3. Möglichkeit - Das tatsächliche Urteil im Film Terror
Mit den SuS wird das Ergebnis der Onlineumfrage zu dem Film erarbeitet, hierbei sollen die SuS ihre Urteile und vor allem ihre Argumentationen mit dem Urteil aus dem Film vergleichen.Bei dieser Aufgabe geht es nicht darum den SuS eine "richtige" Lösung zu präsentieren. Ziel ist es ihnen die moralische Entscheidung, die eine repräsentative Umfrage darstellt, zur Diskussion bereit zustellen.
Das entstandenen Diskussionsbedürfnis können anhand der Think-Pair-Share-Methode' kanalisiert werden.
1. Phase (Think): SuS sollen in Einzelarbeit Ihre Postion und Argumente für die Fragen sammeln:
Inwiefern unterscheidet sich mein Urteil von dem der Online-Umfrage? Welche Argumente haben für mich persönlich mehr Gehalt? Wie fällt meine Entscheidung aus, nachdem ich das Urteil gesehen habe.
2. Phase (Pair): SuS tauschen sich mit ihrem/r Sitzpartner/in aus. Durch diesen Austausch werden die SuS für die spätere Diskussionsrunde aktiviert.
3. Phase (Share): SuS teilen ihre Gedanken im Plenum. (Zeitbedarf: 15-20 Min.)
Damit die SuS wirklich zu ihrer Meinung stehen, sollte die Tatsache, dass das Urteil nicht absolut sondern repräsentativ ist schon zu Anfang dieser Phase durch die Lehrkraft verdeutlicht werden.


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Sicherung



  • 1. Möglichkeit - Schreibaufgabe
In dieser Phase sichern die Schülerinnen und Schüler die bereits erarbeiteten Argumente in Stichpunkten. Diese Phase dient der Sicherung der bisher rein verbalen Argumente. SuS üben ihre eigenen Gedanken und die anderer festzuhalten, um diese für den weiteren Prozess zu Verfügung zu haben. (Zeitbedarf: 15 Min.)


  • 2. Möglichkeit - Schema der Straftheorien
Den Schülerinnen und Schülern wird ein Schema von verschiedenen Straftheorien präsentiert. Das Schema fasst absolute Straftheorien, relative Theorien und Vereinigungstheorien zusammen. Anhand dieses Schemas sollen die SuS, nach der umfassenden Erklärung und Diskussion, die Philosophen der zuvor gelesenen Texte den verschiedenen Straftheorien, wenn möglich, zuordnen. (Zeitbedarf: 20 Min.)


  • 3. Möglichkeit - Diskussion über das tatsächliche Urteil des Films „Terror“
Nachdem den Schülerinnen und Schülern das tatsächliche Urteil des Films gezeigt wurde, bietet sich nun die Möglichkeit darüber im Plenum zu diskutieren, da es viele verschiedene Meinungen in einer Klasse geben kann. Während der Diskussion werden die verschiedenen Argumente grob notiert, sodass die Schülerinnen und Schüler gegen Ende der Stunde auf demselben Wissenstand sind und somit eine schriftliche Sicherung besitzen, worauf sie später darauf zugreifen könnten. Bei dieser Aufgabe wird der Kompetenzbereich der Interaktion und Sich-Mitteilen gefördert. (Zeitbedarf: 45 Min.)


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Transfer



  • 1. Möglichkeit - Erörterung
Diese Aufgabe soll auf die Vernetzung von Wissen, Erfahrungen und Fertigkeiten zielen. Die Schülerinnen und Schüler suchen sich eine der Positionen aus und erörtern in der Rolle des Richters/der Richterin anhand der bereits notierten Argumente ihre eigene Position und erläutern das Urteil. Die Darstellung der eigenen Denkstrukturen zeigt die ethischen Wahrnehmungs-, Verstehens- und Beurteilungsprozesse, die im Ethikunterricht nicht ohne Relevanz sind. (Zeitbedarf: 45min)


  • 2. Möglichkeit - Essay
Die Schülerinnen und Schüler schreiben bei dieser Transfer-Aufgabe selbstständig einen Essay, worin sie über zwei verschiedene Positionen der Straftheorien in Bezug auf Determinismus und Freiheit diskutieren müssen. Hierbei geht es um die zentrale Frage, ob man schuldig sein kann, wenn die Handlung allerdings determiniert ist. Die Schülerinnen und Schüler sollen ihr Wissen über die erlernten Straftheorien in diesem Essay anwenden und gefördert wird dadurch das Argumentieren und Urteilen, sowie die Selbstreflexion und Hinterfragen eines eigenen ethischen Standpunktes. Diese Aufgabe kann als Hausaufgabe aufgegeben werden.


  • 3. Möglichkeit - Zeitungsartikel
Nachdem die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit hatten, sich über den Film Terror und dessen Dilemma-Situation Gedanken zu machen und über das Urteil im Plenum diskutiert haben, sollen sie mit ihrer eigenen Position einen Zeitungsartikel verfassen, in welchem sie das Urteil aus dem Film „Terror“ darstellen. Bei dieser Aufgabe geht es darum, die eigene Position zu vertreten und das angehäufte Wissen auf einen Text zu transferieren, um ebenfalls ein gewisses Publikum damit zu erreichen. Dabei wird die Kompetenz der Argumentation und des Urteils gefördert, da die Schülerinnen und Schüler zum Nachdenken angeregt sind und ihre eigene Position moralisch und ethisch vertreten müssen.


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