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Grundsätze einer Technikethik - Hintergrund

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Hintergrund

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Kurze Einleitung zum Begriff „Verantwortungsethik“


Als Mensch zu leben bedeutet, sich ständig entscheiden zu müssen. Welche Beweggründe bestimmen diese Entscheidungen?

Kant geht dabei von unterschiedlichen Arten von Grundsätzen aus: Maxime (Grundsätze, die die Handlungen des Einzelnen bestimmen) und Imperative (Grundsätze, die für jeden Menschen Gültigkeit haben sollen). Der kategorische Imperativ („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ - Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785, S. 52) beansprucht dahingehend Allgemeingültigkeit. Kant wollte ein autonomes System entwickeln, ein Prinzip, das nur aus der reinen Vernunft entstand.

Es gibt jedoch auch eine weitere Formulierung des kategorischen Imperativs, welche Kants ethische Position verständlicher macht: „Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ (GMS, S. 66). Damit bezieht Kant bereits mit ein, dass der Einzelne mit seinem Handeln Verantwortung für seine Mitmenschen trägt. Wenn der Einzelne sich nämlich nicht um seine Mitmenschen kümmert, degradiert er sie zwar nicht direkt zum bloßen Mittel, macht sie aber auch nicht zum Zweck seines Handelns. Die Beurteilung einer Handlung unterliegt dem guten Willen. So sagt Kant bereits zu Anfang der Grundlegung der Metaphysik der Sitten: „Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder ausrichtet, nicht durch seine Tauglichkeit zur Erreichung irgendeines vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch das Wollen, d.i. an sich, gut.“ (GMS, S. 3). Kant bezieht also die tatsächlichen Folgen des Handelns nicht mit ein. Ein Wille ist nach Kant dann gut, wenn der Handelnde sich allein verpflichtet, dem Kategorischen Imperativ zu folgen.

Obwohl Jean-Paul Sartre den Menschen als grundsätzlich frei sieht („Das Sein und das Nichts“, 1943), erfährt dieser doch Grenzen - gesellschaftlich und materiell. Unter dem Eindruck der Ereignisse des Zweiten Weltkrieges versuchte Sartre einen Existentialismus mit der Philosophie Karl Marx' zu verbinden („Ist der Existentialismus ein Humanismus?“, 1946). In diesen drei Aufsätzen setzt er nun den Einzelnen in Bezug zur Gesellschaft und begründet, dass der Einzelne Verantwortung für andere trägt. Bewertungsgrundlage ist dabei das Gute; das Gute für sich selbst, ist ebenso gut für alle.

Der Begriff „Verantwortungsethik“ wurde 1919 von Max Weber geprägt. Weber diskutiert in seinem Vortrag „Politik als Beruf“ die Eigenschaften eines Politikers. Dabei unterscheidet er „Gesinnungsethik“ von „Verantwortungsethik“. Die Gesinnungsethik ist eine Haltung, die nicht nach den Folgen fragt. Eine Handlung wird danach beurteilt, mit welcher Absicht gehandelt wurde. Wenn man also mit bester Absicht handelt, dies jedoch negative Folgen nach sich zieht, ist man dennoch unschuldig bzw. entschuldigt. Die Verantwortungsethik versucht jedoch, die Ziele der Handlung mit den voraussehbaren Folgen zu ermitteln. Ein Politiker zeigt sich verantwortungsvoll, wenn er die Mittel (Machtmittel, um das Ziel zu erreichen) und die Handlungsfolgen selbst abwägt sowie wenn er besonders aufmerksam gegenüber möglichen negativen Folgen ist.

Hans Jonas legte 1979 mit „Das Prinzip Verantwortung“ einen eigenen ethischen Entwurf vor.


Das Prinzip Verantwortung


„Das Prinzip Verantwortung“ von Hans Jonas erschien 1979 mit dem Untertitel „Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation“. Die Herausforderungen einer technisierten sowie technologischen Welt stellen Menschen vor immer neue Herausforderungen, denen auch mit einer neuen Ethik begegnet werden muss. Zunächst fasst Jonas die Veränderungen folgendermaßen zusammen: Wissenschaft und Technologie haben einen so hohen Einfluss auf die Zukunft, dass davon die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen abhängt: (1) Die Folgen der Eingriffe, die der Mensch an sich selbst, aber auch an der gesamten Umwelt vornimmt, sind unabsehbar. Fehlerhafte Entwicklungen können wohl auch nicht mehr rückgängig gemacht werden. Verschiedene Eingriffe können ihre Wirkungen addieren und so unberechenbar werden. (2) Täter können nicht mehr einzeln ausgemacht werden, sondern nur noch kollektiv. (3) Mit dem dritten Punkt übt Jonas bereits Kritik an vorangegangen Sichtweisen - wie Sartre, aber auch Weber: Eine gute Absicht ist noch lange keine Garantie für gutes Handeln. Deshalb muss die Beurteilung auf die Einschätzung der Folgen gerichtet sein.

Jonas spricht weiterhin an, dass das bisherige moralische Denken auf den Mitmenschen in der Gegenwart gerichtet war. Die neue Ethik muss sich über die Gegenwart hinaus auf die zukünftigen Generationen ausweiten, um auch diesen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Diese Ausweitung darf nicht nur den Menschen einbeziehen, sondern muss alle Lebensbedingungen miteinschließen. Jonas formuliert daher einen neuen kategorischen Imperativ: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“ oder negativ ausgedrückt: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen nicht zerstörerisch sind für die zukünftigen Möglichkeiten solchen Lebens.“ (S. 26) Mit diesem neuen Imperativ muss sich auch die Bewertung ändern. Während bisher das Gute im Blick stand, muss er sich nun auf das Übel richten. Wenn also die Folgen einer Handlung abzuwägen sind, sollen besonders die Risiken im Mittelpunkt stehen („in dubio pro malo“). Wenn Handlungsfolgen unabsehbar werden, soll die Furcht dafür sorgen, dass die Handlung nicht ausgeführt wird. Jonas plädiert für eine „Heuristik der Furcht“. Denn nur, wenn wir uns die Gefährdungen der Umwelt ausmalen, erkennen wir den Wert der Umwelt und können Maßnahmen zu deren Schutz ergreifen.

Jonas übt mit seinem neuen Imperativ Kritik an Kant, indem er Kant unterstellt, dieser würde den Handelnden nur in einem beschränkten Zeithorizont ansprechen. Auch bei einem Utilitaristen geht er von einer Ethik der Nähe aus. Weiter kritisiert Jonas am Utilitarismus, dass ein Nutzen nach Betrachtung von möglichen und präzisen Prognosen abgewägt werden kann, wobei sich die positiven und negativen Folgen aufwiegen. Jonas rechnet nicht mit positiven Folgen. Die Folgen sind heute so unkalkulierbar geworden, dass man mit den schlimmsten zu erwartenden Folgen rechnen müsse.


Verantwortungsethik



Der Link oben führt zu einer Download-Möglichkeit der einzelnen Kapitel im PDF-Format. Die Dissertation von Yuan Tse-Lin beschäftigt sich u.a. mit den ethischen Herausforderungen im technologischen Zeitalter. Dabei werden die Theorien von Weber und Jonas, die oben kurz umrissen wurden, im ersten Kapitel (d.i. Download Kapitel 2!) genauer erläutert, u.a. mittels zahlreicher Zitate. Die Dissertation ist inzwischen vollständig hochgeladen.


Sehr ausführlich auf die Ethik Jonas' geht Micha H. Werner ein. Der Link führt zu einem Artikel, der ebenfalls in „Bioethik: Eine Einführung“ (Suhrkamp) erschienen ist. Es handelt sich um einen wissenschaftlichen Artikel mit einem ausführlichen Literaturverzeichnis. Werner beleuchtet zunächst die Hintergrundgeschichte bzw. die Zeit, in der Jonas „Das Prinzip Verantwortung“ schrieb. Anschließend widmet er sich Jonas' kategorischem Imperativ und der Beurteilung von Handlungen. Im vierten Punkt erläutert er den Begriff Verantwortungsethik und skizziert in Punkt 5 die Praxis.


Gentechnik


Vortragsbeitrag auf der deutschen Bischofskonferenz vom 07. März 2001 in Augsburg. Es werden folgende Fragen bzw. Themen aufgegriffen: Biblische Sicht des Menschen, Das Human-Genom-Projekt, Genetische Diagnostik, Gentherapie, Klonen, Patente auf Leben, Der Mensch muss Verantwortung übernehmen.


Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur Änderungen des Stammzellschutzgesetzes aus dem Jahre 2007. Es handelt sich um eine wissenschaftliche Publikation, die die Hintergründe, Vorteile für die Forschung und ethischen Bedenkungen dieser Änderung beleuchtet. Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) aus dem Jahre 1991 verbietet die fremdartige Nutzung von Embryonen in Deutschland. Nicht geregelt ist aber, ob die Forschung in Deutschland humane embyonale Stammzellen (HES-Zellen) importieren und verwenden darf. In der Stellungnahme wird dieser Frage nachgegangen.
Es werden die rechtlichen Grundlagen ausführlich behandelt. Es erscheint zunächst mühsam, sich mit den entsprechenden Paragraphen auseinanderzusetzen. Dennoch kann es für die eigene Beurteilung und auch die der Schüler interessant sein. Eine solche Auseinandersetzung lässt sich dann beispielsweise mit Max Webers "verantwortungsbewusstem Politiker" verbinden, so dass die Folgen des politischen Handelns thematisiert werden kann.


Ein Interview mit der Biologin und Ethikerin Dr. Gisela Badura-Lotter. Sie arbeitet an der Universität Brest in Frankreich. Ihr Buch „Forschung an embryonalen Stammzellen. Zwischen biomedizinischer Ambition und ethischer Reflexion“ ist 2005 beim Campus Verlag erschienen. Zu diesem Buch wird sie in diesem Interview befragt und nimmt Stellung zu ihrer These, dass „für eine Beurteilung der embryonalen Stammzellforschung die Grundlagenforschung und die medizinische Forschung zu trennen“ sind.


Obsoleszenz